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Erlebnisorientierte Familientherapie

Vordenker*innen & therapeutische Wurzeln

Drei Annäherungen an die Psychotherapie können als Ursprung für unsere Arbeit betrachtet werden. Alle drei Ansätze gehen von einer psychodynamisch orientierten Entwicklungs- und Persönlichkeitspsychologie aus. Unsere Persönlichkeit – also unser Entwicklungspotential wie auch unsere Defizite – ist weitgehend geprägt vom Fürsorgeumfeld, das uns früh zugänglich ist oder verschlossen bleibt.

Klientenzentrierte Therapie und Gestalttherapie

Carl Rogers (1902-1987), Fritz Perls (1893-1970) und Lore Perls (1906 – 1990).

Die klientenzentrierte Gesprächstherapie nach Carl Rogers und die Gestalttherapie nach Fritz und Lore Perls waren die wichtigsten Wegbereiter der erlebnisorientierten Therapieform. Beide psychotherapeutischen Ansätze sind auf das Individuum orientiert. Darin unterscheiden sie sich vom familientherapeutischen Ansatz. Perls, Perls und Rogers waren der humanistisch-existenziellen Vorgehensweise verbunden, Therapiestil und Methodik sind jedoch sehr verschieden.

Rogers und seine Mitarbeiter beschrieben die therapeutische Grundhaltung unter drei Aspekten: Empathie, Echtheit und bedingungsfreie Wertschätzung. Rogers stellte die menschliche Begegnung und die therapeutische Beziehung in den Mittelpunkt der therapeutischen Prozesse und bezeichnete seine Therapieform als „non-directive“.

Die Gestalttherapie beschäftigt sich mit den Gesetzmäßigkeiten, wie wir wahrnehmen und beurteilen. Der Fokus liegt auf der Integration der Persönlichkeitskomponenten in ein kohärentes und sinnvolles Ganzes. Dies geschieht zum Beispiel durch die Arbeit mit „dem leeren Stuhl”, eine Metapher für die Aufnahme von Perspektiven anderer auf sich selbst, auf ein bestimmtes Thema oder Phänomen. Auch in anderen therapeutischen Ansätzen ist dies von zentraler Bedeutung, aber nur in der Gestalttherapie wird es expliziert.

Familientherapie

Virginia Satir (1916-1988)

Virginia Satir hatte bereits 1951 die Idee, statt Einzelpersonen ganze Familien zu therapieren. 1963 war sie eine der ersten Lehrkräfte am Esalen-Institut in Kalifornien. "Der wachstums- und erlebnisorientierte Ansatz von Virginia Satir, der Pionierin der Familientherapie, ist genuin selbstwertorientiert und untersucht die Kommunikation innerhalb einer Familie mit der Frage, was selbstwertsteigernd und was selbstwerthinderlich ist." (Stöckel, C.) Sie erkennt vier universelle dysfunktionale aus der Vergangenheit stammende Kommunikationsmuster — beschwichtigen, beschuldigen/anklagen, rationalisieren und ablenken— , die Menschen benutzen um Zurückweisung zu vermeiden. Demgegenüber stellt sie die Entwicklung einer kongruenten Haltung, die den Menschen erlaubt sich zu ihren Gefühlen und Gedanken zu bekennen und sich auf Augenhöhe zu begegnen.

Ihre Grundhaltung drückt sie in der Formulierung von fünf Freiheiten + aus:

  • Die Freiheit zu sehen und zu hören, was im Moment wirklich da ist — anstatt das, was sein sollte, gewesen ist oder erst sein wird.
  • Die Freiheit, das auszusprechen, was ich wirklich fühle und denke — und nicht das, was von mir erwartet wird.
  • Die Freiheit, zu meinen Gefühlen zu stehen — und nicht etwas anderes vorzutäuschen.
  • Die Freiheit, um das zu bitten, was ich brauche — anstatt immer erst auf Erlaubnis zu warten.
  • Die Freiheit, in eigener Verantwortung Risiken einzugehen — anstatt immer nur auf Nummer sicher zu gehen und nichts Neues zu wagen.

+ Satir, V. ; Baldwin, M. : Familientherapie in Aktion: Die Konzepte von Virginia Satir in Theorie und Praxis, S. 142

Existentielle Psychotherapie

Irvin David Yalom (*1931)

Irvin David Yalom ist einer der weltweit angesehensten Psychotherapeuten. Sein Hauptwerk trägt den Titel „Existenzielle Psychotherapie“. Yalom schreibt: „Für einen existenziellen Therapeuten ist alles verloren, wenn die ‚Technik’ in den Vordergrund gestellt wird, weil das eigentliche Wesen der echten Beziehung darin besteht, dass man nicht manipuliert, sondern sich dem anderen mit seinem ganzen Sein zuwendet.“ (Irvin D. Yalom: Existenzielle Psychotherapie, EHP-Edition Humanistische Psychologie, 4. Aufl. 2005, S. 485)

Der existenzielle Ansatz konzentriert sich auf vier Grundbedingungen, die für alle Menschen gelten und die mit ihnen verbundenen Grundkonflikte: Einsamkeit, Sinnlosigkeit, Freiheit (und damit die Verantwortung, das Leben in einer nicht sinnlosen Weise zu leben) und die Sterblichkeit. In diesem Ansatz unterscheidet man zwischen menschlichem Sein und menschlichem Tun. Der Schwerpunkt liegt eher auf der Gegenwärtigkeit, auf anerkennenden Beziehungen und Authentizität als auf Techniken und Methoden.

Erlebnisorientierte Familientherapie und Beratung

Walter Kempler (1923-2007) und Jesper Juul (1948-2019)

Der erlebnisorientierte Ansatz ist humanistisch, phänomenologisch und prozessorientiert. Der Therapeut agiert persönlich und richtet den Fokus mehr auf das Hier und Jetzt als auf Vergangenheit und Zukunft.

Walter Kempler hat diesen Ansatz für die Familientherapie weiterentwickelt. Er legte den Fokus auf Interaktion, persönlichen Dialog, den Konflikt zwischen Integrität (persönliche Grenzen und Bedürfnisse) und Kooperation, Symptome als Ausdruck ungesunder Interaktion, Kinder als Träger solcher Symptome und einen Psychotherapeuten auf Augenhöhe. Trotz ihrer inhärenten Asymmetrie und obwohl der Therapeut die Rolle der Fachperson innehat und für seine Hilfe bezahlt wird, sieht Kempler die Beziehung innerhalb der Therapie als gleichwürdig.

Walter Kempler gründete 1979 zusammen mit Jesper Juul, Mogens Lund und Lis Keiser das Kempler Institute of Scandinavia. Kempler war ein enger Mitarbeiter von Fritz Perls, bevor er seine eigene Therapieform mit Familien entwickelte. Nach und nach distanzierte er sich immer mehr von der Gestalttherapie. Die Hier-und-Jetzt-Orientierung, Authentizität und Selbsteinbeziehung des*der Therapeut*in sind in seiner „experiental family therapy“ Grundvoraussetzungen für die Arbeit.

Jesper Juul hat das Kempler Institut 25 Jahre geleitet und mit seinen Kolleg*innen die Arbeit mit Familien weiterentwickelt. Eins seiner wichtigsten Themen war die Gleichwürdigkeit der Beziehungen in Therapie und Pädagogik. Juul war durch und durch Praktiker. In seiner über 40-jährigen Praxis mit Familien hat er viele Strömungen und Trends miterlebt. Er beobachtete die gesellschaftlichen Veränderungen und sah, welche Auswirkungen sie auf die Familien, Kinder und Jugendliche haben. Daraus gewann Juul seine Erkenntnisse und passte seine Arbeit fortlaufend den veränderten Gegebenheiten an.

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Familientherapie und Beratung
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